Freiheit oder Sicherheit? -Zwiespältigkeit beim Deplatforming

Hast du schon mal einen beleidigenden Kommentar unter einem Instagram-Post von dir oder deinen Freunden gemeldet? Ein Kommentar, Beitrag oder Foto kann einfach gelöscht werden. Aber warum können soziale Netzwerke Inhalte ohne das Einverständnis der Inhaber löschen? Das nennt man Deplatforming, eine Maßnahme, die das Netz vor verfassungswidrigen Inhalten schützen soll.

Im Juni 2024 erarbeitete der SoWi-Kurs von Frau Kaminski verschiedene Artikel zu Themen, die zuvor im Unterricht behandelt wurden. Dieser Beitrag wurde von Leorena, Esma, Elvan, Lale, Lena und Stella geschrieben. #AusDemUnterricht

Deplatforming bedeutet, jemandem den Zugang zu einer (digitalen) Plattform, wie einem sozialen Netzwerk, dauerhaft zu entziehen. Dies passiert, wenn eine Person oder Gruppe über längere Zeit gegen die Regeln der Plattform verstößt. Oft sind Desinformation oder Hassbotschaften der Grund für eine solche Sperre. Allerdings bleibt umstritten, dass die Entscheidung über eine dauerhafte Sperrung allein beim Betreiber der Plattform liegt. Staatliche Stellen haben keinen Einfluss darauf, ob ein Account auf einer Online-Plattform gesperrt wird oder nicht.

Ein bekanntes Beispiel dafür ist das Deplatforming von Donald Trump im Januar 2021 nach dem Sturm aufs US-Kapitol. Am 6. Januar zogen Tausende von Trumps Anhängern, die er mit seinen Behauptungen über Wahlbetrug angeheizt hatte, gewaltsam zum Kapitol, um die Bestätigung von Joe Bidens Wahlsieg zu verhindern. Daraufhin sperrten große soziale Netzwerke wie X (ehemals Twitter), Facebook und YouTube seine Accounts, um weitere Gewalt und Aufhetzung zu verhindern. Diese Maßnahmen lösten heftige Diskussionen aus: Die einen fanden es nötig, um die Demokratie zu schützen, die anderen warnten vor Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Macht der Plattformen über das, was öffentlich gesagt wird.

Kritiker argumentieren, dass Deplatforming die Meinungsfreiheit einschränkt und es den Menschen erschwert, offen über Gesundheitsfragen zu diskutieren. Sie befürchten, dass legitime Diskussionen und alternative Ansichten zu medizinischen Themen unterdrückt werden könnten. Zwar ist die Meinungsfreiheit ein wichtiges Gut, jedoch endet sie dort, wo sie das Wohl und die Sicherheit der Allgemeinheit gefährdet. Die gezielte Verbreitung von Fehlinformationen, besonders in Gesundheitsfragen, kann verheerende Auswirkungen haben.

Deplatforming hilft dabei, die Verbreitung von falschen und potenziell gefährlichen Informationen zu stoppen, was letztlich zum Schutz der öffentlichen Gesundheit beiträgt. Falsche Informationen über Gesundheitsfragen, wie zum Beispiel unwirksame Heilmittel oder Verschwörungstheorien über Impfstoffe, können zu ernsthaften gesundheitlichen Risiken führen. Menschen könnten sich weigern, bewährte medizinische Maßnahmen zu ergreifen, was zu einer erhöhten Verbreitung von Krankheiten und vermeidbaren Todesfällen führen kann. Indem Plattformen Akteure entfernen, die solche Fehlinformationen verbreiten, können sie dazu beitragen, die Bevölkerung besser zu informieren und die öffentliche Gesundheit zu schützen.

Ein prominentes Beispiel ist der ehemalige US-Präsident Donald Trump. Während der COVID-19-Pandemie hatte Trump mehrfach umstrittene und unbewiesene Behauptungen über Behandlungsmethoden und den Ursprung des Virus verbreitet. Diese Informationen hatten das Potenzial, Menschen in die Irre zu führen und die Bemühungen im Kampf gegen die Pandemie zu untergraben. Durch das Deplatforming von Trump konnten diese Fehlinformationen effektiv eingedämmt werden, was dazu beitrug, die öffentliche Gesundheit zu schützen und die Verbreitung gefährlicher Desinformationen zu reduzieren.

Trotz der positiven Aspekte hat Deplatforming auch negative Folgen. Selbst wenn man verletzende Inhalte von den Plattformen entfernt, ändert es nichts daran, dass Menschen weiterhin ihre Meinung verbreiten wollen. Bei vielen löst dies Wut aus und sie versuchen, ihre Ansichten auf andere Weise zu verbreiten. Im Internet gibt es genügend Möglichkeiten und Plattformen, auf denen sich Anhänger weiterhin austauschen können. Diese Orte sind teilweise viel anonymer und haben keine strengen Richtlinien, wodurch Hass und Hetze leicht verbreitet werden können. Dies erschwert es, die verbreiteten Inhalte nachzuverfolgen.

Ein weiteres Problem ist die zunehmende Spaltung der Gesellschaft durch digitale Deplatforming-Maßnahmen. Diese verstärken die Radikalisierung und Isolation bestimmter Gruppen, was langfristig die gesellschaftliche Harmonie gefährdet. Deplatforming, das Entfernen radikaler oder kontroverser Inhalte und Personen von großen sozialen Medien, mag kurzfristig die Verbreitung von Hassrede und Desinformation verringern. Langfristig führt es jedoch dazu, dass diese Personen auf alternative Plattformen ausweichen, wo sie in geschlossenen Kreisen ihre Ansichten ungefiltert und unkontrolliert weiter radikalisieren können.

Ein prominentes Beispiel ist die Bewegung der „Querdenker“ in Deutschland, die durch Deplatforming von Facebook und X (ehemals Twitter) verstärkt auf Netzwerke wie Telegram umgestiegen sind. Dort konnten sie sich ungehindert weiter vernetzen und radikalisieren, was letztlich zu einer Zunahme extremistischer Aktionen und der Gewaltbereitschaft führte. Durch die Abschottung von der breiten Gesellschaft wurde der Dialog unterbunden und die Spaltung vertieft.

Deplatforming stellt somit eine erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit dar und gefährdet die pluralistische Meinungsvielfalt, die für eine demokratische Gesellschaft wesentlich ist. Es bedeutet, dass bestimmte Meinungen und Stimmen vollständig aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen werden. Dies widerspricht dem Grundgedanken der Meinungsfreiheit, die in Artikel 5 des Grundgesetzes verankert ist.

Die Meinungsfreiheit umfasst das Recht, unpopuläre oder kontroverse Ansichten zu äußern, ohne Angst vor Repression oder Ausschluss haben zu müssen. Wenn Social-Media-Plattformen beginnen, bestimmte Nutzer aufgrund ihrer Meinungen zu sperren, entsteht eine Form der Zensur, die die freie Meinungsäußerung einschränkt und einen offenen Diskurs verhindert.

Befürworter von Deplatforming argumentieren, dass die Meinungsfreiheit ihre Grenzen hat, insbesondere wenn sie zur Verbreitung von Hassrede, Desinformation oder Gewaltaufrufen genutzt wird. Social-Media-Plattformen haben die Verantwortung, sicherzustellen, dass ihre Plattformen nicht für schädliche Zwecke missbraucht werden. In diesem Sinne kann Deplatforming als notwendige Maßnahme zum Schutz der Allgemeinheit und zur Aufrechterhaltung eines sicheren und respektvollen Online-Umfelds gesehen werden.

Zwar ist es richtig, dass die Meinungsfreiheit ihre Grenzen hat, jedoch ist es problematisch, wenn private Unternehmen die Macht haben, diese Grenzen zu definieren und durchzusetzen. Diese Entscheidungen sollten in einem rechtsstaatlichen Rahmen getroffen werden, um Willkür und Machtmissbrauch zu vermeiden. Regierungen und Gerichte sind besser geeignet, um objektive und transparente Entscheidungen über die Einschränkung der Meinungsfreiheit zu treffen. Wenn private Plattformen ohne klare und einheitliche Regeln agieren, besteht die Gefahr, dass sie subjektive oder politische Motive verfolgen, die der Meinungsvielfalt und der Demokratie schaden können.

Bildnachweis: Pixabay

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